Seit einiger Zeit rollt wieder eine Abmahnwelle. Sie konzentriert sich auf Verkäufe von Demonstrationsprodukten im Internet, hauptsächlich auf der Handelsplattform eBay. Vornehmlich ist der Handel mit Parfümtestern betroffen. Hierbei handelt es sich um Originalprodukte, die allerdings nach den Vorgaben des Vertriebs oder des Händlers nicht zum Verkauf bestimmt sind. Sie weichen von der Originalausstattung insoweit ab, als lediglich eine minderwertige Ausstattung (Auslaufschutzdeckel aus Pappe statt hochwertigem Flakondeckel, einfache weiße Umverpackung aus Pappe, Aufdruck „unverkäufliches Muster“) von den Parfümherstellern verwendet wird. Die Dufttester sollen die Kunden in den Drogerien und Kaufhäusern lediglich zum Kauf animieren, stehen aber nicht selbst zum Verkauf bereit.
Große Parfümhersteller haben dem Handel mit diesen Parfümtestern über eBay zu geringen Preisen den Kampf angesagt.
Mittels von Testkäufen werden solche Produkte aufgekauft und kurze Zeit später flattert eine Abmahnung verbunden mit einer Unterlassungserklärung ins Haus. Die Anwaltskosten für so eine Abmahnung belaufen sich nicht selten auf 1.000,00 EUR und mehr. Die Hersteller begründen dies mit vermeintlichen Markenrechtsverletzungen. Hieraus stünden ihnen angebliche Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft über die Vertriebswege und Umsätze und auf Ersatz ihrer Rechtsverfolgungskosten zu.
Allerdings ist bei der Abgabe einer solchen Unterlassungserklärung Vorsicht geboten. Zwar sind die Markenrechte des Markeninhabers nach dem Markengesetz (MarkenG) grundsätzlich geschützt. Allerdings nehmen einige Gerichte nach § 24 MarkenG eine sog. Erschöpfung an, da die Ware von dem Hersteller – oder zumindest mit seiner Zustimmung – in Verkehr gebracht worden ist. So vertreten von der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg in seinem Urteil vom 28.10.2003. Diese Entscheidung wurde durch den 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg mit Urteil vom 7.4.2004, Az.: 5 U 174/03, bestätigt. Die Revision hiergegen wird beim Bundesgerichtshof (BGH) unter dem Az. I ZR 63/04 geführt.
Die Hersteller stellen sich auf den Standpunkt, dass ein Inverkehrbringen durch die kostenlose Überlassung an die Parfümerien nicht geschehen, weil die Ware nicht zum Verkauf bestimmt sei bzw. im Verkehr nicht zirkulieren solle. Es würde sich hier nur um eine Leihe handeln, da vertraglich mit den Verkäufern vereinbart worden sei, dass das Eigentum an den Testflaschen weiterhin bei dem Hersteller verbleibe. Daher findet sich auch der Aufdruck “Demonstration” oder “Tester” oder “Not For Sale” oder “Nicht zum Verkauf bestimmt” auf der Verpackung und dem Flakon. Ferner käme eine Erschöpfung gemäß § 24 Abs. 2 MarkenG nicht in Betracht, weil ein berechtigtes Interesse gegeben sei, den Verkauf der Dufttester wegen Rufschädigung zu verhindern.
Dem tritt die o. g. Rechtsprechung allerdings mit beachtlichen Gründen entgegen:
Das Vorbringen überzeugt deshalb nicht, weil entgegen deren Behauptung das Produkt gerade dazu bestimmt ist, an den Verbraucher weitergegeben zu werden. Wesentlicher Bestandteil ist das enthaltene Parfüm. Dieses ist auch dazu vorgesehen, an den Verbraucher weitergegeben zu werden. Insoweit kann auch nicht der Behauptung gefolgt werden, dass es sich bei der Überlassung der Parfümtester um eine Leihe oder sonstige Gebrauchsüberlassung handeln würde. Eine Leihe setzt nämlich voraus, dass der verliehene Gegenstand irgendwann einmal zurückgegeben wird. Dies kann hier im Hinblick auf das Parfüm schon überhaupt nicht erfolgen, da nach dem Willen der Parfümhersteller dieses an die Kunden zu Werbezwecken verteilt werden soll.
Hierzu der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg:
“… Nach Auffassung des Senats kann eine Ware nicht durch den Endverbraucher bestimmungsgemäß – nämlich als zu Testzwecken – vollständig verbraucht werden, ohne zuvor überhaupt in den Verkehr gebracht worden zu sein. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Sachverhaltskonstellation maßgebend von der Überlassung allen sonstigen Werbe- oder Dekorationsmaterials an die Parfüm-Depositäre, welches gerade nicht zum Verbrauch durch den Kunden bestimmt ist. Dementsprechend steht der Begriff „Verkehr” in diesem besonderen Anwendungsfall nicht für den allgemeinen Warenhandelsverkehr, sondern für den regulären Geschäftsverkehr in der Verkaufsstelle des konkreten Depositärs. …”
Zutreffend hat das Oberlandesgericht Hamburg ausgeführt, dass bei vorrangiger Möglichkeit der Durchsetzung vertraglicher Ansprüche zum Schutz seines Markenrechts gegenüber seinem unmittelbaren Vertragspartner zunächst, bevor er gegenüber Dritten vorgeht, die “undichten” Stellen dort schließt:
“… Lukrativ ist der Verkauf von Testern offenbar vor allem durch die DepotInhaber selbst. Denn diese können sich hierdurch eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen, da die Klägerin Kontrollen unterlässt, ob die Parfümtester tatsächlich zur Verkaufsförderung am Endkunden eingesetzt werden. Gerade weil die Klägerin die Parfümtester im Regelfall nicht zurückfordert, sondern de facto dem Belieben der Depositäre überlässt, erscheint dem Senat auch die Auffassung der Klägerin verfehlt, die Depositäre seien insoweit lediglich ihre Besitzdiener. …”
Dies gilt insbesondere auch deswegen weil die Hersteller teilweise schon seit 3 oder mehr Jahren um diese vermeintlichen Verletzungsfälle wissen – und noch immer nichts in dieser Richtung unternommen haben. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist gut begründet und überzeugt. Ob sie vor dem BGH halten wird, kann man mit guten Gründen bejahen. Bevor also ein bindendes Vertragsstrafenversprechen mit den teils gravierenden Folgen abgeben wird, raten wir daher dringend die Einholung eines fachkundigen Rechtsrats an.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision des Parfümherstellers gegen das oben genannte Urteil des OLG Hamburg vom 7.4.2004 in seiner Entscheidung vom 15.2.2007, Az.: I ZR 63/04 zurückgewiesen. Die Urteilsgründe des BGH liegen numehr vor, Auszüge finden Sie in unserer Rubrik “Aktuelles”.
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